Vor dem Hintergrund der Proteste Jugendlicher und Studierender gegen die Reform des französischen Jugendarbeitsrechts im März 2006 gibt der deutsche Radiosender SWR 2 am 23.03.2006 in seiner Diskussionssendung Forum einer Expertenrunde unter dem Titel "Die Macht der Straße - Wie reformfähig ist Frankreich?" das Wort, in deren Rahmen ein Diskussionsteilnehmer die Auffassung äußert, dass es Frankreich an erster Stelle der Konflikt und erst nachrangig die Verhandlungsbereitschaft stehe, es sich auf deutscher Seite dagegen gerade andersherum verhalte.
In Frankreich werde, so die Äußerungen, zunächst der Konflikt in Form von Streik offen ausgetragen, erst dann könne es Verhandlungen geben. In Deutschland hingegen würden bei geplanten Reformen zunächst lange Verhandlungen und Gespräche mit den Betroffenen sowie mit allen Interessengruppen geführt, und wenn danach kein Konsens gefunden werde, komme es als ultima Ratio womöglich zum Streik.
Die Tatsache, dass in Deutschland so lange und ausführlich verhandelt werde, führe allerdings auch dazu, dass Kompromisse oft Minimalkompromisse seien und Reformen damit letztlich zumeist zu Minimalreformen würden, wohingegen in Frankreich grundlegende Reformen leichter durchzusetzen seien.
Tübingen-Bühl, 23.03.2006 - Peter Liehr