Deutschland
Kultur, Philosophie, Religion
Deutschland: Uraufführung von Albert Lortzings Oper "Die beiden Schützen".
Rottenburg am Neckar, 22.10.2013 - Peter Liehr
Deutschland: Georg Büchner verfasst sein Drama Dantons Tod. Es wird erst nach seinem Tod 1902 uraufgeführt werden. Einige Charakteristika des Stücks:
- Mischung aus Philosophieren und Agitieren, das Heißspornige der revolutionären Stimmung drastisch darstellend
- Konfrontation von moderater und moderieren wollender Haltung angesichts des als zu hoch erachteten Blutzolls der Guillotine (Danton, Legendre) einerseits und sich als unverweichlicht betrachtendem, gnadenlose Gleichbehandlung einforderndem Gerechtigkeitsanspruch (Robespierre, St. Just) andererseits
- Robespierre und Danton, erster Akt
- "Robespierre. 'Ich sage dir, wer mir in den Arm fällt, wenn ich das Schwert ziehe, ist mein Feind - seine Absicht tut nichts zur Sache; wer mich verhindert, mich zu verteidigen, tötet mich so gut, als wenn er mich angriffe.'
Danton. 'Wo die Notwehr aufhört, fängt der Mord an; ich sehe keinen Grund, der uns länger zum Töten zwänge.'
Robespierre. 'Die soziale Revolution ist noch nicht fertig; wer eine Revolution zur Hälfte vollendet, gräbt sich selbst sein Grab. Die gute Gesellschaft ist noch nicht tot, die gesunde Volkskraft muß sich an die Stelle dieser nach allen Richtungen abgekitzelten Klasse setzen. Das Laster muß bestraft werden, die Tugend muß durch den Schrecken herrschen.'"
- Legendre und Robespierre im Nationalkonvent, zweiter Akt
- "Legendre (besteigt die Tribüne). 'Vier Mitglieder des Nationalkonvents sind verflossene Nacht verhaftet worden. Ich weiß, daß Danton einer von ihnen ist, die Namen der übrigen kenne ich nicht. Mögen sie übrigens sein, wer sie wollen, so verlange ich, daß sie vor den Schranken gehört werden.
Bürger, ich erkläre es: ich halte Danton für ebenso rein wie mich selbst, und ich glaube nicht, daß mir irgendein Vorwurf gemacht werden kann. Ich will kein Mitglied des Wohlfahrts- oder des Sicherheitsausschusses angreifen, aber gegründete Ursachen lassen mich fürchten, Privathaß und Privatleidenschaft möchten der Freiheit Männer entreißen, die ihr die größten Dienste erwiesen haben. Der Mann, welcher im Jahre 1792 Frankreich durch seine Energie rettete, verdient gehört zu werden; er muß sich erklären dürfen, wenn man ihn des Hochverrats anklagt.' (Heftige Bewegung.)
- [...]
- Robespierre. 'Die seit langer Zeit in dieser Versammlung unbekannte Verwirrung beweist, daß es sich um große Dinge handelt. Heute entscheidet sich's, ob einige Männer den Sieg über das Vaterland davontragen werden. - Wie könnt ihr eure Grundsätze weit genug verleugnen, um heute einigen Individuen das zu bewilligen, was ihr gestern Chabot, Delaunai und Fahre verweigert habt? Was soll dieser Unterschied zugunsten einiger Männer? Was kümmern mich die Lobsprüche, die man sich selbst und seinen Freunden spendet? Nur zu viele Erfahrungen haben uns gezeigt, was davon zu halten sei. Wir fragen nicht, ob ein Mann diese oder jene patriotische Handlung vollbracht habe; wir fragen nach seiner ganzen politischen Laufbahn. - Legendre scheint die Namen der Verhafteten nicht zu wissen; der ganze Konvent kennt sie. Sein Freund Lacroix ist darunter. Warum scheint Legendre das nicht zu wissen? Weil er wohl weiß, daß nur die Schamlosigkeit Lacroix verteidigen kann. Er nannte nur Danton, weil er glaubt, an diesen Namen knüpfe sich ein Privilegium. Nein, wir wollen keine Privilegien, wir wollen keine Götzen!' (Beifall.)
'Was hat Danton vor Lafayette, vor Dumouriez, vor Brissot, Fabre, Chabot, Hébert voraus? Was sagt man von diesen, was man nicht auch von ihm sagen könnte? Habt ihr sie gleichwohl geschont? Wodurch verdient er einen Vorzug vor seinen Mitbürgern? Etwa, weil einige betrogene Individuen und andere, die sich nicht betrügen ließen, sich um ihn reihten, um in seinem Gefolge dem Glück und der Macht in die Arme zu laufen? - Je mehr er die Patrioten betrogen hat, welche Vertrauen in ihn setzten, desto nachdrücklicher muß er die Strenge der Freiheitsfreunde empfinden.
Man will euch Furcht einflößen vor dem Mißbrauche einer Gewalt, die ihr selbst ausgeübt habt. Man schreit über den Despotismus der Ausschüsse, als ob das Vertrauen, welches das Volk euch geschenkt und das ihr diesen Ausschüssen übertragen habt, nicht eine sichre Garantie ihres Patriotismus wäre. Man stellt sich, als zittre man. Aber ich sage euch, wer in diesem Augenblicke zittert, ist schuldig; denn nie zittert die Unschuld vor der öffentlichen Wachsamkeit.' (Allgemeiner Beifall.)
'Man hat auch mich schrecken wollen; man gab mir zu verstehen, daß die Gefahr, indem sie sich Danton nähere, auch bis zu mir dringen könne. Man schrieb mir, Dantons Freunde hielten mich umlagert, in der Meinung, die Erinnerung an eine alte Verbindung, der blinde Glauben an erheuchelte Tugenden könnten mich bestimmen, meinen Eifer und meine Leidenschaft für die Freiheit zu mäßigen. - So erkläre ich denn: nichts soll mich aufhalten, und sollte auch Dantons Gefahr die meinige werden. Wir alle haben etwas Mut und etwas Seelengröße nötig. Nur Verbrecher und gemeine Seelen fürchten, ihresgleichen an ihrer Seite fallen zu sehen, weil sie, wenn keine Schar von Mitschuldigen sie mehr versteckt, sich dem Licht der Wahrheit ausgesetzt sehen. Aber wenn es dergleichen Seelen in dieser Versammlung gibt, so gibt es in ihr auch heroische. Die Zahl der Schurken ist nicht groß; wir haben nur wenige Köpfe zu treffen, und das Vaterland ist gerettet. (Beifall.)
Ich verlange, daß Legendres Vorschlag zurückgewiesen werde.' (Die Deputierten erheben sich sämtlich zum Zeichen allgemeiner Beistimmung.)"
- Apologetisches Parallelsetzen von Naturwirken und Revolutionswirken (St. Just)
- St. Just im Nationalkonvent, zweiter Akt
- "St. Just. 'Es scheint in dieser Versammlung einige empfindliche Ohren zu geben, die das Wort 'Blut' nicht wohl vertragen können. Einige allgemeine Betrachtungen mögen sie überzeugen, daß wir nicht grausamer sind als die Natur und als die Zeit. Die Natur folgt ruhig und unwiderstehlich ihren Gesetzen; der Mensch wird vernichtet, wo er mit ihnen in Konflikt kommt. Eine Änderung in den Bestandteilen der Luft, ein Auflodern des tellurischen Feuers, ein Schwanken in dem Gleichgewicht einer Wassermasse und eine Seuche, ein vulkanischer Ausbruch, eine Überschwemmung begraben Tausende. Was ist das Resultat? Eine unbedeutende, im großen Ganzen kaum bemerkbare Veränderung der physischen Natur, die fast spurlos vorübergegangen sein würde, wenn nicht Leichen auf ihrem Wege lägen.
Ich frage nun: soll die geistige Natur in ihren Revolutionen mehr Rücksicht nehmen als die physische? Soll eine Idee nicht ebensogut wie ein Gesetz der Physik vernichten dürfen, was sich ihr widersetzt? Soll überhaupt ein Ereignis, was die ganze Gestaltung der moralischen Natur, das heißt der Menschheit, umändert, nicht durch Blut gehen dürfen? Der Weltgeist bedient sich in der geistigen Sphäre unserer Arme ebenso, wie er in der physischen Vulkane und Wasserfluten gebraucht. Was liegt daran, ob sie an einer Seuche oder an der Revolution sterben?'"
- Schwanken zwischen Hoffnung auf nachtodliche Langzeitwirkung und todesnahhem Nihilismus sowie Zurückgeworfensein auf die grundlegende conditio humana angesichts der bevorstehenden Guillotinierung
- Philippeau und Danton, dritter Akt
- "Philippeau. 'Seid ruhig, meine Freunde! Wir sind wie die Herbstzeitlose, welche erst nach dem Winter Samen trägt. Von Blumen, die versetzt werden, unterscheiden wir uns nur dadurch, daß wir über dem Versuch ein wenig stinken. Ist das so arg?'
- Danton. 'Eine erbauliche Aussicht! Von einem Misthaufen auf den andern! Nicht wahr, die göttliche Klassentheorie? Von Prima nach Sekunda, von Sekunda nach Tertia und so weiter? Ich habe die Schulbänke satt, ich habe mir Gesäßschwielen wie ein Affe darauf gesessen.'
- Philippeau. 'Was willst du denn?'
- Danton. 'Ruhe.'
- Philippeau. 'Die ist in Gott.'
- Danton. 'Im Nichts. Versenke dich in was Ruhigers als das Nichts, und wenn die höchste Ruhe Gott ist, ist nicht das Nichts Gott? Aber ich bin ein Atheist. Der verfluchte Satz: Etwas kann nicht zu nichts werden! Und ich bin etwas, das ist der Jammer! - Die Schöpfung hat sich so breit gemacht, da ist nichts leer, alles voll Gewimmels. Das Nichts hat sich ermordet, die Schöpfung ist seine Wunde, wir sind seine Blutstropfen, die Welt ist das Grab, worin es fault. - Das lautet verrückt, es ist aber doch was Wahres daran.'"
- Camille, vierter Akt
- "Camille. 'Das verlohnt sich auch der Mühe, Maulchen zu machen und Rot aufzulegen und mit einem guten Akzent zu sprechen; wir sollten einmal die Masken abnehmen, wir sähen dann, wie in einem Zimmer mit Spiegeln, überall nur den einen uralten, zahllosen, unverwüstlichen Schafskopf, nichts mehr, nichts weniger. Die Unterschiede sind so groß nicht, wir alle sind Schurken und Engel, Dummköpfe und Genies, und zwar das alles in einem; die vier Dinge finden Platz genug in dem nämlichen Körper, sie sind nicht so breit, als man sich einbildet. Schlafen, Verdauen, Kinder machen - das treiben alle; die übrigen Dinge sind nur Variationen aus verschiedenen Tonarten über das nämliche Thema.'"
- Mischung von hochgeistig, antik-griechisch-römisch grundgelegtem Gedankengut mit dem ruppig-derben Gedanken- und Rededuktus Todgeweihter, zerrissen zwischen dem Wunsch des Ausdrückens und des Verdrängens von Gefühlen
- Danton, vierter Akt
- "Danton. 'Wenn einmal die Geschichte ihre Grüfte öffnet, kann der Despotismus noch immer an dem Duft unsrer Leichen ersticken.'
- [...]
- Danton. 'Die einen waren so gut Epikureer wie die andern. Sie machten sich ein ganz behagliches Selbstgefühl zurecht. Es ist nicht übel, seine Toga zu drapieren und sich umzusehen, ob man einen langen Schatten wirft. Was sollen wir uns zerren? Ob wir uns nun Lorbeerblätter, Rosenkränze oder Weinlaub vor die Scham binden oder das hässliche Ding offen tragen und es uns von den Hunden lecken lassen?'"
Rottenburg am Neckar, 21.01.2014 - Peter Liehr
Deutschland: Robert Schumann rezensiert mehrere Klaviersonaten von Franz Schubert, darunter dessen erste Klaviersonate in A-Moll und dessen zweite Klaviersonate in G-Dur (Op. 78).
Tübingen-Bühl, 25.05.2010 - Peter Liehr
Württemberg
Tübingen, Württemberg, Deutschland: Das Leben Jesu - das unter diesem Titel neu erschienene Buch des 28-jährigen Studenten David Friedrich Strauß löst an den theologischen Fakultäten Deutschlands einen Eklat aus.
Tübingen-Bühl, 26.01.2008 - Peter Liehr
Weilheim bei Tübingen, Württemberg, Deutschland: Das Weilheimer Schulgebäude erhält einen Anbau.
Tübingen-Weilheim, 04.01.2013 - Peter Liehr
Ravensburg, Württemberg, Deutschland: Zeitbereich des Beginns des Industriezeitalters in Ravensburg.
Ravensburg, 24.12.2010 - Peter Liehr
Leipzig, Sachsen, Deutschland: Felix Mendelssohn-Bartholdy siedelt nach Leipzig über.
Tübingen-Bühl, 01.02.2009 - Peter Liehr
Trier, Deutschland: Karl Marx legt am jesuitischen Friedrich-Wilhelm-Gymnasium sein Abitur ab. Die Zeit seines Wohnsitzes in der Trierer Simeonstraße endet. Marx wird in Bonn und Berlin Jura, Geschichte und Philosophie studieren.
Tübingen-Bühl, 08.03.2008 - Peter Liehr
Schweiz
Schweiz: Schweiz-Reise Franz Liszts. Liszt sucht Orte mit besonders schönen Aussichten auf und vertont seine dort gewonnenen Sinneseindrücke.
Rottenburg am Neckar, 14.12.2014 - Peter Liehr
Basel, Schweiz: Offizielle Genehmigung der Basler Fastnacht durch den Stadtmagistrat.
Rottenburg am Neckar, 07.03.2014 - Peter Liehr