Der Weg des Fahrradhandels
Beispiel Tübingen.
Tübingen hat eine sehr lebhafte "Radladen-Szene" mit zahlreichen Geschäften, die nicht nur ein gutes Angebot bieten, sondern insbesondere in der Beratung das Niveau oft überbieten, das ich bislang anderswo angetroffen habe.
Bemerkenswert ist der Wandel in der Beratung in den letzten Jahren: Liegt zur Zeit [Stand: März 2001] der Schwerpunkt bei manchen Geschäften auf Gebrauchswert, Langlebigkeit und praktischem Nutzen, bei anderen wiederum auf sportlicher Performance (whatever that is...) und edlem Image, anderswo wiederum auf Service und "kniffeliger Problemlösungskompetenz" bei Sonderwünschen und Reparatur, so gab es bis Mitte der 1990er Jahre noch bei einigen Geschäften die Tendenz, mit dem Fahrrad zugleich auch eine Art Philosophie des Radfahrens zu "verkaufen", und zwar zusätzlich zu o.g. Schwerpunkten. Die neu gewonnenen "homini / feminae bicyclenses" sollten sich in diesem Kreise wohlfühlen und das Radfahren möglichst auch als eine persönliche Richtungsentscheidung gegen das Auto betrachten.
Um diese Alltagskultur des (weitgehend autofreien) Radelns ist es angesichts ihrer Selbstverständlichkeit bei vielen Tübinger/innen mittlerweile stiller geworden. Dafür ist der im Freizeitbereich herrschende, auf Messen immer wieder hochgehaltene "Lärm" um das Downhill- und Gelände-Biken wieder im Aufwind (bemerkenswerter Weise von Werbestrategen Image-technisch seit längerem durch den englischen Begriff vom deutschen "Radeln" oder "Rad fahren" säuberlich getrennt, dafür von kritteligen Zeitgenossen boshaft als "Sturzkampf-Radeln" bezeichnet).
Diese äußerst subjektiven Beobachtungen sind womöglich etwas tendenziöser ausgefallen als zuerst beabsichtigt, außerdem hinken sie sicher auch deshalb ein wenig, weil ich mich bei der Beratung über Stadt- und "Genuss"-Tourenräder schlichtweg nicht umgehört habe. Dennoch spiegeln sie mein ungefähres (meiner Ansicht gültiges) Empfinden bei verschiedenen (Beratungs-) Gesprächen mit Händlern wider.
Tübingen, März 2001 und 02.10.2001 - Peter Liehr
Fahrradkauf ohne Probefahren? Nicht sehr aussichtsreich, meine ich. Und ein Fahrrad ist ein "großer Klotz", den zurückzuschicken doch einiges an Mühe kostet. Ohne detaillierte Vorinformation darüber, was man möchte, welche Rahmenform einem behagt und wie leicht oder schwierig es ist, ein Fahrrad bei Nichtgefallen wieder zurückzuschicken, würde ich zu einem Versandkauf nicht raten. Anders sieht es da bei der Bestellung von Zubehörteilen aus, da kann sich der Weg über den Versandhandel u.U. auszahlen. Aber wiederum auch nur, wenn man weiß, was man will. Und um das herauszufinden, kann sogar eine Kombination im Beratungssuche- und Einkaufsverhalten einen größeren Überblick und eine gezieltere Auswahl versprechen: Einerseits Marktübersicht gewinnen per Versandkatalog oder Web-Präsentationen etc., Katalogbestellung schwer erhältlicher Teile mit Rückgaberecht, andererseits Probefahrt und Kauf im Facheinzelhandel.
Tübingen-Bühl, 08.08.2006 - Peter Liehr