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Fahrrad

Verkehrspolitik, Verkehr und Fahrrad

Plädoyer für die Beibehaltung des Wochenendfahrverbots für Lkw aus Radfahrer-Sicht

Am Mittwoch, 03.07.2002 ist der Presse zu entnehmen, das Fahrverbot für Lkw an Sonn- und Feiertagen, das in Deutschland sowie einigen weiteren EU-Ländern gilt, sei den Aussagen und Forderungen einiger Abgeordneter des Europaparlaments zufolge gefährdet. Dabei handle es sich insbesondere um die Forderungen der Vertreter von EU-Randstaaten mit großen Lkw-Flotten. Zitat Südwestpresse, 03.07.2002, Titelseite: "Die Brüsseler Kommission und die EU-Randstaaten mit großen Lkw-Flotten wie die Niederlande, Großbritannien, Spanien (künftig Polen nebst Tschechien) legen Wert auf die kostensparende Nutzung der 'Transeuropäischen Netze' im Straßenverkehr - auch an den Sonn- und Feiertagen, an denen in fünf Ländern Fahrverbot gilt."

Einen solchen Vorstoß zur gleichmäßigeren Verteilung der "auf die Straße verlegten Lagerkapazitäten" über sämtliche Wochentage hin lehne ich ab, so, wie sicherlich die meisten Mitteleuropäer in Staaten mit Wochenendfahrverbot für Lkw. Einer wünschenswerten Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene wäre das nur zu abträglich. Klar ist, dass es um dieses Zieles willen nicht reicht, zu nörgeln und den Lastwagenverker schlecht zu machen, sondern dass dazu ein Ausbau der Fernschienennetze u.a. für Transitwege sowie die Förderung lokaler Eisenbahn-Zubringerlogistik unerlässlich ist. Das dürfte sicherlich von den Anrainern künftiger Schienenwege abverlangen, manche Kröte zu schlucken, die Problemlage unterscheidet sich in diesem Fall jedoch nicht grundlegend von derjenigen beim Neu- und Ausbau von Straßen und Autobahnen.

Das Fahrverbot für Lkw an Wochenenden hat sicherlich auch vorwiegend unter den Wochenendausflüglern, die mit dem Auto unterwegs sind, starken Rückhalt. Deren Belange stehen mir hier jedoch nicht im Vordergrund, meine Gedanken wenden sich zunächst an eine kleinere Gruppe: an Fahrrad fahrende Wochenendtouristen. Die sind in vielen Gegenden, in denen es kein oder nur ein umwegereiches bzw. lückenhaftes Radwegenetz gibt, insbesondere an Gemeinde- und Kreisgrenzen, nach wie vor auf das Benutzen von Straßen, mitunter auch Bundesstraßen, angewiesen. Klar ist einerseits: Lkw sind schon vor geraumer Zeit leiser geworden, und sie "stinken" weniger. Eindeutige Vorteile für Umwelt, Straßenanwohner und sonstige Verkehrsteilnehmer, insbesondere Radfahrer. Andererseits kann die schiere Größe eines eng überholenden Sattelzuges bei einem wenig langstreckenerprobten Gelegenheits- und Wochenendradler durchaus Beklemmung und Platzangst hervorrufen. Besonders Kinder, Jugendliche und ältere Menschen sollten hier nicht vergessen werden. Außerdem neigen viele Radfahrer erfahrungsgemäß dazu, sich durch einen Lkw bedrängt zu fühlen, der mangels Überholmöglichkeit längere Zeit hinter ihnen herfahren muss, wobei - trotz Zeitdruck und knapper Routenplanung - den wenigsten "Brummifahrern" zu unterstellen ist, dieses Beklemmungsgefühl mit Absicht auslösen zu wollen.

Selbst wenn sich der Lkw-Verkehr an Wochenenden vorwiegend auf Bundesautobahnen beschränken würde - auch die geringfügige Erhöhung des Lastkraftverkehrs auf Bundes- und Landstraßen, die sich in Folge dessen nicht vermeiden ließe, wäre geeignet, den ohnehin schon geringeren Freizeitwert von Gegenden ohne ausreichendes Radwegenetz weiter zu schwächen.

Tübingen, 03.07.2002 - Peter Liehr

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