www.peter-liehr.de

Denken

Übersicht

Info

Denk-Arten, Formen des Denkens, teils in Gegensatzpaaren (<->)

  • archaisch
    • magisch
  • assoziativ <-> konvergent (Gegensatzpaarbildung bestreitbar)
    • assoziativ
    • konvergent
  • induktiv <-> deduktiv
    • deduktiv
    • induktiv
  • operativ
  • positiv <-> negativ (einziges wertungshaltiges Gegensatzpaar)
    • negativ
    • positiv
  • problemlösend
  • schöpferisch <-> definierend (Gegensatzpaarbildung bestreitbar)
    • schöpferisch
    • definierend (eingrenzend)
  • sprachlich <-> nichtsprachlich
    • sprachlich
    • unbenannt (nichtsprachlich, vorsprachlich)

Wissens-Arten, Formen des Wissens, teils in Gegensatzpaaren (<->)

  • fluide <-> kristallin
    • fluide
    • kristallin

Auffassungen über das Denken

Antike

  • Auffassung der alten Griechen: Nicht ich denke, sondern die Horen geben mir ein, sie dünken mich.

Scholastik

Scholastik, Barock, metaphysische Lyrik und gegenwärtige Nahtodforschung: Denke ich oder dünkt es mich? Eine etwas flapsige Annäherung

Denke ich oder dünkt es mich? Die Scholastiker Thomas von Aquin und Ibn Ruschd alias Averroes 'kloppten' sich einst um diese Frage. Averroes meinte, die Gedanken kämen aus einer außerhalb der Person liegenden göttlichen Sphäre. Mensch sei ihr Empfänger und somit hilflos dem - manchmal auch Blödsinn - ausgeliefert, der einem da in die Hirnwindungen reingefunkt werde. Thomas von Aquin beharrte darauf, selbst Urheber bzw. Verfertiger seiner Gedanken zu sein. Er verfasste mit seinem sperrigen, mehrbändig in den Fachbibliotheken verstaubenden (und hin und wieder von so einem Verrückten wie mir bewürgten) Werk Summa contra gentiles (etwa Aufsummierung / Abrechnung gegen die Heiden, denn Ibn Ruschd war als muslimischer Scholastiker für ihn Heide) eine auf biblischer Erbsenzählerlogik-Kleinklein-Analyse (so ließe sich 'Scholastik' grob karikieren) beruhende riesige Streitschrift hauptsächlich gegen Ibn Ruschd.

Nu kommt im englischen Barock des 17. Jahrhunderts der Metaphysical Poet Thomas Traherne 'dahergeschlappt' und meint (wenn ich sein Gedicht "Thoughts II" richtig analysiert habe): Kein Problem, beides richtig, kein Widerspruch, man muss die Dinge nur den richtigen Gedankenentwicklungsphasen zuweisen. Traherne bringt die Zeugungs- und Geburtsmetapher in die Geschichte ein. So wie ich mir, sofern ich Frau bin, ein Kind zeugen lassen kann, so kann Gott mir, egal was ich bin, einen Gedanken zeugen. Mindfuck in direkter und positivst gemeinter Wortbedeutung, Gott bzw. die Gedankensphäre (in diesem Fall gleichzusetzen) als männlicher Part. Und anders als beim Kinderkriegen kann ich mir den Zeugungspartner nicht aussuchen, klarer Nachteil. Zunächst hab' ich also keine persönliche Freiheit, bin dem Hochgeist oder Blödsinn hilflos ausgeliefert, der mir ... einfällt (das Wort drückt's genial aus, ne?). In der ersten Halbzeit - Zeugung und Schwangerschaft - führt also Ibn Ruschd.

Aber dann kommt Thomas von Aquin ins Spiel. Denn dann kann ich entscheiden, was ich mit dem 'Gedenksel' mache. Ich muss es ja nicht 'gebären', nicht verbreiten, kann das Kind sogar abtreiben. ("We don't need no thought control" gemäß Pink Floyd bezieht sich auf Fremdkontrolle des Denkens, höchstselbst kann ich "thought control" nach meinen eigenen Kriterien ja durchaus wollen und für gut heißen.) Kurzum: Dabei, wie ich das 'Kind Gedanke' austrage und großziehe, dabei habe ich dann durchaus Freiheit und eben auch Verantwortlichkeit.

Thomas Traherne geht so weit, zu meinen, Gott schenke uns Gedanken, damit wir sie transformieren, um sie ihm zurückzuschenken. Und Gott kann sie dann, so ist anzunehmen, in weiterentwickelter Form wieder weiterverschenken.

Das wiederum passt zu den heutigen, für esoterische überraschend fundierten Beobachtungen des niederländischen Kardiologen und Thanatologen Pim van Lommel, der irgendwann über Nahtoderlebnisse las und dachte, verdammtnochmal, das hat echt was mit meinem täglichen Job zu tun, unter meinen Händen sterben doch 'ne ganze Menge Leute, denen ich nicht mehr helfen kann, 'ne ganze Menge schaffe ich aber auch aus dem klinisch toten Zustand wieder zurück ins Leben zu reanimieren. Und so begann van Lommel mit systematischen Befragungen und stellte fest, nur sehr wenige, aber immerhin eine nicht vernachlässigbare Zahl aller reanimierten Befragten hatten typische Nahtoderfahrungen, und die waren keineswegs nur gehirnchemisch zu erklären.

Pim van Lommel schlussfolgert aus seinen Nahtoderfahrungs-Recherchen in seinem Buch Endloses Bewusstsein, es gebe diese außerzerebrale Sphäre der Gedanken (bei Thomas Traherne 'Gott' genannt), und der menschliche Geist sei gewissermaßen ein 'Transceiver', der Gedanken aus ihr empfängt und ebenso Gedanken in sie einspeist. Van Lommel ist damit ziemlich kongruent mit Thomas Traherne (1637?-1673). Unser Hirn ist, folgt man dem, der 'Stromabnehmer' und 'Stromeinspeiser' für diese ominöse 'Oberleitung', in der 'es denkt' (statt 'stromt').

Rottenburg am Neckar, 20.07.2015 - Peter Liehr

Peter Liehr > Gedanken und Notizen > Thematisch > Philosophie, Religion > Denken > Übersicht
www.peter-liehr.de
liehr.free.fr