Afghanistan; Deutschland; Niederlande: Das deutsch-niederländische Vorauskommando kann frühestens morgen in Afghanistan eintreffen, die 70 Bundeswehrsoldaten und ihre 30 niederländischen Kollegen sitzen weiterhin bei Ankara fest. Grund: Die Wetterbedingungen sind weiterhin schlecht und die US-Streitkräfte erlauben täglich jeweils nur wenige Stunden die Landung in Kabul. Erreicht ein Flugzeug dann nicht sein Ziel, dann muss es umkehren und darf erst in 24 Stunden wieder landen.
Afghanistan: US-Luftangriffe auf Al-Quaida-Stellungen im Osten Afghanistan. Die USA verstärken außerdem ihre Bodentruppen in Gegenden, in denen sie vermuten, dass sich Al Quaida neu formiert.
Israel-Palästina-Konflikt: Israels Armee übt mit Panzern und Bulldozern im Gaza-Streifen Vergeltung für den gestrigen Terroranschlag: 32 Häuser in Rafah, woher die Attentäter stammen, werden mit Bulldozern und Panzern zerstört. Insgesamt werden mehr als 70 Häuser plattgewalzt und so mehr als 23 palästinensische Familien obdachlos. Die Inhalte dieser Nachrichten entnehme ich Radio SWR 2. Nach der Niederschrift lese ich noch einmal kritisch darüber. So spontan formuliert wie hier wirken sie einseitig. Hmm, so stehenlassen oder umschreiben? Ich habe ja keine Ahnung davon, wieviele der zu Schaden gekommenen Palästinenser aus israelischem (und ebenfalls in keiner Weise neutralem) Blickwinkel tatsächlich "zu Recht" zu Schaden gekommen sind, da an der Vorbereitung der gestrigen Terroranschläge beteiligt oder mit den Attentätern verstrickt, und wieviele zerstörte Häuser als "Kollateralschäden" zu betrachten sind. Also die Aufschriebe ändern? Nein, ergänzen. Ein Bild einer Lage, das den darin verstrickten gerecht werden könnte, kann ich mir bei dem derzeitigen Ausmaß an Ungerechtigkeit nicht machen, geschweige denn bieten. Die Reaktionen aus Ramallah sind in ihrem ersten Teil ebenso beunruhigend wie die Zerstörung der Häuser: Die radikale Palästinenserorganisation Jihad kündigt ihren Waffenstillstand mit Israel auf und fühlt sich somit nicht mehr an ihre frühere Zusage gebunden. Reaktionen aus Ramallah, Teil zwei: Palästinenserführer Arafat setzt sich gegen weitere Anschläge ein. Inwiefern jedoch die israelischen Vorwürfe stimmen, Arafat sei nach wie vor mit radikalen Organisationen wie Jihad oder Hamas verstrickt (vgl. meine Aufschriebe am 04.01.2001), kann ich natürlich ebenso wenig beurteilen, wie ich die Frage nach Schuld oder Unschuld der von Häuserzerstörungen betroffenen Palästinenserinnen und Palästinenser beantworten kann - auch dies einseitige Aufschriebe, aber unter leicht geändertem Vorzeichen. Bleibt das Wissen und die Erkenntnis, dass sich Leid und Terror eigentlich nicht gegeneinander aufrechnen lassen, auch wenn genau das von den beiden verfeindeten Seiten des Nahostkonflikts andauernd versucht und praktiziert wird. Auch eine umfassende, alle ergreifende Kriegsmüdigkeit, auf die man ja mit einem gewissen Grad an Naivität vielleicht hoffen könnte, will sich nicht einstellen. Hass und Abneigung auf beiden Seiten vertiefen sich weiter, so dass mit erschreckender Ausdauer weitergemordet, gekämpft und zerstört wird wie bisher. Gute Chancen für Vermittlungsversuche durch den US-Sondervermittler Anthony Zinni bei seiner künftigen Rückkehr in die Region sehe ich unter diesen Umständen nicht.
Tübingen, 10.01.2002 - Peter Liehr