Nordkorea: In Nordkorea werden in diesen Tagen Atomanlagen entsiegelt und daran angebrachte Überwachungskameras entfernt. In einem der bisher ver- und mittlerweile offenbar entsiegelten Lager befinden sich 8 000 verbrannte Brennstäbe, die sich zu Teilen auch zur Gewinnung von atomwaffenfähigem Material eignen sollen. Die Regierung der USA kritisiert Nordkoreas eigenmächtiges Vorgehen, auch in Südkorea sorgt die Entwicklung für Unruhe. Die nordkoreanische Regierung in Pjöngjang kalkuliert offenbar auch damit, dass den USA zur Zeit ein weiterer Krisenherd neben dem Irak höchst ungelegen kommt und somit eine Bereitschaft zu Kompromissen hinsichtlich der Wiederaufnahme der eingestellten US-amerikanischen Öllieferungen an das Land bestehen könnte [vgl. meine Eintragungen vom 12.12.2002 und 13.12.2002]. US-Verteidigungsminister Rumsfeld droht indes Nordkorea. Es solle die Krise im Irak nicht ausnutzen, um sein Atomprogramm wieder aufzunehmen. Die USA könnten in zwei Kriegen kämpfen und gewinnen. Rumsfeld plädiert zugleich für eine friedliche Beilegung des Konflikts.
Vereinte Nationen; Irak; USA: Die Vereinten Nationen rechnen offenbar fest mit einem Krieg gegen den Irak und treffen Vorbereitungen, bei denen nach Angaben der britischen Zeitung The Times die Versorgung von Flüchtlingen im Vordergrund steht. Hilfsorganisationen seien bereits dabei, Notfallpläne zu erarbeiten. So sei bereits Vorsorge getroffen worden, 900 000 irakische Flüchtlinge versorgen zu können. Darauf weisen die morgendlichen Nachrichten (Radio SWR 2) hin, außerdem sagt bereits zuvor in der Nacht der Kommentator in Radio Deutschlandfunk sehr deutlich, dass er aufgrund sämtlicher zu beobachtender Anzeichen (Manöver in der Golfregion, angeblich größte britische Truppenkonzentration seit dem Falklandkrieg, US-Präsident George W. Bushs Absage bereits seit längerem geplanter Termine Anfang nächsten Jahres) einen Krieg als so gut wie sicher betrachtet. Russlands Außenminister Ivanov warnt vor einem Angriff auf den Irak zum jetzigen Zeitpunkt. Die deutsche Bundesentwicklungsministerin Wicorek-Zeul kritisiert in Spiegel online die Irak-Politik der USA, betrachtet die US-amerikanischen Kriegspläne als unabhängig von den Ergebnissen der Untersuchungen durch die UN-Waffeninspektoren. Bundeskanzler Schröder hingegen spricht sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung gegen die Sicht aus, einen Krieg gegen den Irak jetzt schon als unvermeidlich anzusehen. Dies sei eine merkwürdige Verengung der Wahrnehmung. Er wolle nicht so handeln, als wäre eine politische Lösung des Konfliktes bereits ausgeschlossen. Eine deutsche Beteiligung deutscher Soldaten an einem Krieg im Irak schließt Schröder weiterhin kategorisch aus. Er räumt ein, diese Haltung habe seinem Ansehen in den USA geschadet, davon könne er aber sein Handeln nicht abhängig machen. Der irakische Staatschef Saddam Hussein reagiert auf den militärischen Druck und ruft die internationale Gemeinschaft zum Widerstand gegen die Kriegspläne auf. Der Irak habe keine Massenvernichtungswaffen, doch die Welt sei entweder in Lethargie verfallen oder schwach.
Irak: In der südlichen Flugverbotszone des Irak geht eine Drohne, ein unbemanntes Aufklärungsflugzeug der USA verloren. Sie ist offenbar abgeschossen worden. Aus den USA verlautet, man betrachte dies jedoch nicht als Eskalationsgrund. Irakische Stellungen hätten einen Zufallstreffer gelandet, solcherlei Beschuss sei die Regel. Der Irak akzeptiert die Flugverbotszonen, die zum Schutz der kurdischen und schiitischen Minderheiten eingerichtet wurden, nicht. Die patrouillierenden britischen und US-amerikanischen Flugzeuge wurden schon bisher regelmäßig von irakischen Stellungen beschossen oder von deren Radar erfasst. Nach dem Beschuss wurden die betreffenden Stellungen wiederum von den patrouillierenden Streitkräften beschossen, "bis sie keine Gefahr mehr darstellten", so ein Beitrag auf Radio SWR 2. In ebensolcher Regelmäßigkeit rüstete der Irak diese Stellungen offenbar wieder auf.
Afghanistan; Deutschland: Die Zahl der deutschen Soldaten in Afghanistan wird in Kürze weiter erhöht werden, da Deutschland im Februar 2003 die Führung der internationalen Afghanistan-Schutztruppe von der Türkei übernimmt.
Europäische Union: Ab Anfang nächsten Jahres werden einer EU-weiten Verordnung folgend an Flughäfen sämtliche Gepackstücke kontrolliert. Bisher wurden offenbar nur Stichproben genommen.
Iran: Im Iran stürzt ein Zivilflugzug ab. Alle 46 Insassen, 42 Luftfahrtingenieure aus Russland und der Ukraine sowie vier Besatzungsmitglieder, sterben. Die ukrainische Maschine vom Typ Antonow kommt aus der Türkei und stürzt kurz vor dem Anflug auf Isfahan ab. Die Absturzursrsache ist noch unklar.
Tübingen, 23.12.2002 - Peter Liehr