Fahrtstreckendaten | |
Nettofahrzeit | 8 Stunden, 49 Minuten, 22 Sekunden |
Gesamtstrecke | 163,6 km |
Höchstgeschwindigkeit | 57,6 km/h |
Durchschnittsgeschwindigkeit | 19,8 km/h |
Tagesstrecke | 163,61 km |
6:17 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Abfahrt in Weilheim an der Teck, Siedlung Egelsberg, -> Kirchheim unter Teck -> Wendlingen am Neckar -> Denkendorf -> Neuhausen auf den Fildern -> südlich an Stuttgart vorbei über Plieningen, Möhringen, Vaihingen -> 9:30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Ankunft in Magstadt.
Es mutet befremdlich und zugleich wohltuend an, in den frühen Morgenstunden auf meinem ehemaligen Schulweg nach Kirchheim unter Teck, dann jedoch an der Schule vorbei zu fahren in dem Wissen, ein Ziel weit über den Aktionsradius meiner Schuljahre hinaus zu verfolgen und damit einen Traum zu verwirklichen, der bis in jene Zeit zurückreicht. Zunächst besteht jedoch auch die weitere Fahrstrecke durch den Stuttgarter Vorstadtgürtel aus wohlbekanntem Terrain früherer Fahrradtouren. Erst hinter Vaihingen beginnt für mich Neuland.
Magstadt ist außer meinem Zielort Bangor die einzige fest vorgegebene Anlaufstelle. Grund: Über den dort ansässigen Hersteller hochwertiger Fahrräder, der zugleich als Großhändler für Fahrradkomponenten firmiert, habe ich mir in einem Tübinger Fahrradgeschäft für die Fahrt ein neues Klickpedalsystem bestellt. Weil die dazu gelieferten Schuhe jedoch einen Produktionsfehler haben und mir zeitlich keine andere Möglichkeit bleibt, tausche ich sie vor Ort um. Bis Magstadt fahre ich ohne Klickschuhe, und ich spüre ständig, wie sehr sie mir fehlen. Besonders im Berufsverkehr vor Stuttgart werde ich oft zum Verkehrshindernis, weil ich a) noch nicht eingefahren bin und b) nach Ampelpausen keine vernünftige Beschleunigungsleistung auf die Straße kriege, ohne die Pedale auch nach oben ziehen zu können. Verwunderung, Neugier und Ungläubigkeit bei den Angestellten, als ich beim Justieren der Schuhhaken auf die Frage nach meinem Zielort England angebe.
10:20 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Abfahrt Magstadt -> Renningen -> ca. 11:00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Ankunft hinter Malmsheim.
Hinter Malmsheim will ich eigentlich einen kleinen Waldweg Richtung Heimsheim weiterfahren, aber der bevorstehende Buckel und die Gefahr, mich zu verfahren, schrecken mich ab. Außerdem habe ich für den lächerlich kleinen Streckenabschnitt seit Magstadt 40 Minuten gebraucht. So komm' ich nie nach Wales. Will heißen: Die vergangene, durchwachte Nacht macht sich negativ bemerkbar. Andererseits lässt aber auch mit jedem Kilometer die aufgeregte Anspannung vor der Abfahrt nach. Also: Erst mal verfrühte Mittagspause und kurzer Mittagsschlaf am Wegrand. Danach geht's mir besser, und ein Phänomen namens Fitness macht sich auch schon schüchtern bemerkbar.
12:25 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Abfahrt hinter Malmsheim, kurz bergauf, und dann mit Karacho nach -> Merklingen ins Würmtal, in dem sich's auf einer mäandernden Straße wunderschön nach Pforzheim radeln lässt. Wer mich überholen will, darf sich allerdings ärgern... -> Hausen an der Würm -> Mühlhausen -> Steinegg -> Würm -> 14:10 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Ankunft am Ortseingang Pforzheim.
In Pforzheim verfahre ich mich erstmals. Als ich ortsansässige Radler an einem Grillplatz um Rat frage, wollen die am liebsten gleich mit nach England. Zweite Vesperpause (hier kaufe ich mein letztes deutsches Mischbrot).
14:55 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Ortsausgang Pforzheim, bergaufschnaufen nach -> Keltern -> Karlsbad-Auerbach, seltsame Umleitung zwischen -> Karlsruhe-Langensteinbach und -> Waldbronn-Reichenbach -> 16:30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Ankunft in Ettlingen.
Von Ettlingen will ich eigentlich nach Rheinstetten und dann zur Rheinfähre zwischen Neuburgweier und Neuburg am Rhein, aber hier führen offenbar alle (Rad-) Wege nach Karlsruhe. Meinetwegen. Auch gut.
Ettlingen -> Karlsruhe-Rüppurr (dort Einkauf: Geflügelwurst, Schokolade, Milch und Kakaopulver) -> Karlsruhe-Dammerstock -> gegen 18:00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Ankunft in Karlsruhe. Daraufhin fahre ich in Karlsruhe ein wenig der Nase nach rum, um die abendliche Atmosphäre der Stadt etwas zu schnuppern.
18.50 Uhr - 19:20 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit: Pause in -> Karlsruhe-Rheinhafen an der Kaimauer. Ausgeruht. Rote Backsteinlagerhallen, rostige Kräne in der tiefen Abendsonne, Feierabendruhe, unterbrochen von zwei-drei Ruderbooten im Hafenbecken. Anruf daheim. Danach eeewige Suche nach der Auffahrt für die Fußgänger- und Radspur der -> Rheinbrücke. Dabei treffe ich einen, der auf seiner 270-Kilometer-Tagestour auf den letzten zehn Kilometern vor zu Hause noch Opfer eines Plattfußes wurde. Schon komisch, was für abgefahrene Freaks man trifft, wenn man so unterwegs ist wie ich. Außerdem wird man hier von Mücken zerstochen. Schnell weg, nach -> Maximiliansau und -> Wörth am Rhein. Hier Abendbrot. Währenddessen wird es völlig dunkel, feucht und kühl. Natriumdampflampen und vorbeifahrende Vorstadtzüge, nichts Neues im Radio. Alles gute Gründe, nach dem Essen noch mal ein Leistungsmaximum zu kriegen und eine kurze, aber effektive Nachtfahrt einzulegen. So kommt man denn auch aus dem dicht besiedelten Bereich um Karlsruhe etwas raus. Endlose Landstraße im nächtlichen "Bienwald". Ich komme in jenen Zustand den man "fahrttrunken" nennen könnte, ich bin warmgefahren, rieche den Wald, fühle mich sicher und unendlich stark und fahre über meiner bisherigen Tagesdurchschnittsgeschwindigkeit.
Pause in -> Schaidt, ca. 21:20 Uhr bis 22:20 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit. Ich sitze an der Bushaltestelle am Marktplatz, wo sich die Dorfjugend zu Fahrgemeinschaften in die Disco trifft, lasse den Dialekt auf mich wirken, denke über die vergangenen 24 Stunden nach. Ist das wirklich alles in nur einem Tag abgelaufen? Zunehmend müde fahre ich in Richtung Vollmersweiler, biege zwischen den beiden Ortschaften in einen Feldweg ab und finde dort, was ich suche: eine -> Zierheckenschonung (zwischen Schaidt und Vollmersweiler, Ankunft um 22:30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit), zwischen deren Reihen man nicht zu sehen ist. Ein idealer Schlafplatz, halbwegs weicher Untergrund macht die Luftmatratze überflüssig und das Zelt ist bei diesem Wetter ohnehin unnötig, es ist hier wärmer und trockener als unmittelbar am Rhein.
Fazit: Besonders am Touranfang brauche ich zahlreiche längere (Vesper-) Pausen, um meine Muskulatur nicht überzustrapazieren. Schon an kleinen Steigungen zahlt sich meine Gangschaltung voll aus, ich brauche meine Gleich- und Untersetzung und muss mit Eselsgeduld (7-10 km/h) und Mordskraftaufwand bergaufkriechen. Zu meiner Überraschung lohnen sich aber auch die Gänge im Rennradbereich, da die bergab ohnehin schon mächtig drückende Packlast damit noch weiter beschleunigt werden kann. Beides wird sich aber v.a. morgen auszahlen. Insgesamt bin ich mit meiner heutigen Streckenleistung zufrieden.
Bangor, Wales, Herbst / Winter 1996; Tübingen-Bühl, August 2005 und Juni 2006 - Peter Liehr