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Geschichte, Zeitgeschichte, Politik und Kultur chronologisch

Gedanken und Notizen zum Sonntag, 04.11.2001

In der heute zu Ende gehenden Woche ist wieder einiges passiert, wobei sich viele Nachrichten wiederholen oder gleichen (Bombardierung Afghanistans, Milzbrandfälle). Es fällt nicht leicht, im Bild zu bleiben, und meine Notizen werden spärlicher.

Afghanistan: Die Bombardierung von Afghanistan geht ununterbrochen und unvermindert weiter. Besonders talibanische Frontstellungen seien im Visier der US-amerikanischen Bomber. Die Intensität des Bombardements nehme eher zu als ab, berichten die Nachrichten, die an verschiedenen Tagen mit Superlativen wie "bislang stärkster Beschuss" aufwarten. Außerdem kämen zunehmend B52-Bomber zum Einsatz. Meinungsbildung zu diesen Angriffen fällt schwer, stellen sich mir doch wieder einige Fragen, die ich mangels Information und (glücklicherweise, für mich zumindest) auch mangels Kriegserfahrung nicht beantworten kann: Wie geeignet ist ein Flugzeug, das weithin als die typische Maschine für Flächenbombardement bekannt ist, für gezielte Angriffe auf einzelne Stellungen. Sind Opfer unter Unbeteiligten bei solcherlei Angriffen wirklich hinreichend vermeidbar? (Ist der Ausdruck "hinreichend vermeidbar " nicht gar schon wieder zynisch, weil er Toleranzen zulässt keine absolute Vermeidung unschuldiger Opfer fordert?) Sind die Waffensysteme an Bord der Bomber "intelligent" genug für die genaue Zielfindung, um zivile Opfer zu vermeiden? (Oder bin ich, sind wir "naiv genug", um an so hoch entwickelte Techniken bzw. ihre Zuverlässigkeit zu glauben?) Es wird diese Woche auch von Taliban-Kämpfern berichtet, die sich gezielt unter die Zivilbevölkerung mischen, weil sie sich dort sicher fühlen. Auf diese Weise ist natürlich die Trennung von Militär und Zivilbevölkerung unterminiert, ein ohnehin schon in vielen Kriegen fragwürdig gewordenes Denkkonstrukt. Die Bemühungen der US-Streitkräfte, bei ihren Angriffen die Zivilbevölkerung zu verschonen, erfährt durch diese Beobachtung zwar eine gewisse Bestätigung, solange aber keine unabhängigen Informationen über Opferzahlen, Angriffsziele und Fehltreffer verfügbar sind, bleibt Skepsis bezüglich des Erfolgs solcher Bemühungen angebracht.

Im Laufe dieser Woche wurde von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bekannt gegeben, dass die Bombardements auch während des islamischen Fastenmonats Ramadan fortgesetzt würden. Er schließt heute in Indien eine Reise durch die Afghanistan-Anrainerstaaten ab, die dazu dienen sollte, die so genannte "Anti-Terror-Allianz" zu stärken.

Deutschland; USA: Milzbrand-Verdachtsfälle in Deutschland lösten diese Woche Unruhe aus, bestätigten sich aber nach Untersuchungen des Robert-Koch-Institiuts nicht. Heute wird von einer weiteren Frau in den USA berichtet, die am weniger gefährlichen Hautmilzbrand erkrankt ist.

Tübingen, 04.11.2001 - Peter Liehr

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