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Geschichte, Zeitgeschichte, Politik und Kultur chronologisch

Gedanken und Notizen zum Freitag, 21.12.2001

Bei den heutigen Eintragungen stütze ich mich im folgenden auf Radiomeldungen des Deutschlandfunks und von SWR 2.

Deutschland: Der Staatsminister im Auswärtigen Amt Vollmer rechnet mit einer großen Zustimmung im Bundestag für ein Mandat zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Heute wird darüber debattiert, auch morgen Vormittag gibt es dazu eine Sondersitzung, die Entscheidung wird dann gegen 17.00 Uhr erwartet. Alle Parteien mit Ausnahme der PDS haben sich bereits für den Einsatz ausgesprochen, der zunächst auf 6 Monate begrenzt sein wird.

USA; Afghanistan; Somalia: Die USA befürchten, dass sich die Terrororganisation Al Quaida nach ihrer Zerschlagung außerhalb von Afghanistan in einem anderen Land neu formieren wird. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Somalia. Al Quaida könne es sich zunutze machen, dass dort keine staatliche Ordnung herrsche. Über ein geplantes Eingreifen in Somalia wird im Deutschlandfunk morgens nichts gemeldet.

Israel-Palästina-Konflikt: Die palästinensische Terrororganisation Hamas will vorerst auf Terrorangriffe verzichten, gegen Eingriffe in palästinensisches Gebiet will sie sich jedoch zur Wehr setzen. Dies gibt am Morgen ein führender Hamas-Aktivist bekannt. Ein Einfluss von Palästinenserpräsident Arafat bzw. der palästinensischen Autonomiebehörde auf Hamas scheint also nach wie vor möglich und (jetzt, vielleicht auch nur in Anbetracht der Lage wieder) gegeben. Es fragt sich nur, wie dies bewertet wird. Wird die Stimmung in Israel in Bevölkerung und Regierung diese Möglichkeit der Einflussnahme als allzu enge Verbindung von Autonomiebehörde und Hamas interpretieren? Ob dem in Wirklichkeit so ist oder nicht - wer, zumal aus der Innensicht, vermag in der verfahrenen Situation noch so etwas wie unvoreingenommene Wahrheit und Wirklichkeit exakt bestimmen? - Ob dem so ist oder nicht, es wäre schade, weil dann Arafat bzw. die Autonomiebehörde (bei allen Fehlern der Vergangenheit) nun tun und lassen könnte, was sie wollte, ohne es (aus israelischer Sicht) in irgendeiner Weise richtig machen zu können. Es ist zudem fraglich, ob und wie sehr Hamas Glauben geschenkt werden kann, für welche Zeitspanne "vorerst" bei deren vorläufigem Terrorverzicht steht und welche Bedingungen daran geknüpft sind. Trotz alledem - und wenn es auch noch so unwahrscheinlich ist, nachdem die israelische Regierung beschlossen hat, Arafat und die palästinensische Autonomiebehörde als inexistent zu betrachten - trotzdem möchte ich ein wenig darauf hoffen, dass es in zumindest bescheidenem Maße zu deeskalatorischen Schritten im Nahostkonflikt kommen kann. Die Chancen sind vorhanden, aber sehr gering: Gegen Mittag werden die Hamas-Aussagen aus Israel als taktische Heuchelei zurückgewiesen.

Tübingen, 21.12.2001 - Peter Liehr

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