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Geschichte, Zeitgeschichte, Politik und Kultur chronologisch

Gedanken und Notizen zum Dienstag, 25.03.2003

Bei meinen heutigen Einträgen stütze ich mich überwiegend auf Informationen von Radio SWR 2.

Weilheim an der Teck, 25.03.2003 - Peter Liehr

Der Krieg im Irak als alles dominierendes Thema

USA; Großbritannien; Irak: Die Alliierten setzen ihre Luftangriffe auf irakische Städte fort, unter anderem in Bagdad, Mossul, Kirkuk und Nassiria, wo ein Reporter der französischen Nachrichtenagentur Agence France Presse ungefähr 100 getötete Iraker gesehen haben soll. Auch acht US-Soldaten sollen dort in Kämpfen getötet worden sein. Insgesamt sollen US-Einheiten bei ihrem Vormarsch auf Bagdad, das in der Nacht auf heute massiv bombardiert wurde, 500 irakische Soldaten getötet haben. (Alle Angaben bitte mit Skepsis betrachten). Auch Städte im Nordirak werden weiter bombardiert. US-amerikanische Bodentruppen stehen angeblich kurz vor Bagdad, seien noch 80 km entfernt. Der irakische Diktator Saddam Hussein soll angekündigt haben, dass er Giftgas einsetzen werde, wenn die US-Truppen sich Bagdad auf eine gewisse Distanz genähert hätten, meldet das ARD-Fernsehen in einer der vielen Sondersendungen zum Krieg, in der auch die steigende Wahrscheinlichkeit blutiger Häuserkämpfe erörtert wird. Die Bodentruppen im Süden des Irak werden durch Sandstürme vom weiteren Vorrücken abgehalten. Die britische Armee will ihre Angriffe auf die südirakische Stadt Basra verstärken. Basra, von irakischen Eliteeinheiten verteidigt und neben Nassiria besonders hart umkämpft, soll so schnell wie möglich "befreit" / "eingenommen" / "besetzt" werden. (Ich lasse die "Sprachregelung" bewusst offen.) Die Hafenstadt Im Kasr hingegen ist offenbar bereits unter britischer Kontrolle. Einem Reporter der Nachrichtenagentur Associated Press zufolge sehen sich die US-Soldaten zunehmend Guerilla-Taktiken ausgesetzt. US-Einheiten stoßen demnach auf das Problem, dass die irakischen Gegner oft keine Uniform mehr tragen und sich unter die Zivilbevölkerung mischen, die geschont werden soll, berichtet Radio SWR 2. Aussagen des britischen Premierministers Tony Blair zufolge verläuft der Vormarsch jedoch wie geplant, er erfordere aber Zeit und Ausdauer. Insgesamt sind mittlerweile 20 britische Soldaten tot oder vermisst. Um Basra haben britische Truppen nach eigenen Angaben 20 irakische Panzer zerstört, die einen Gegenangriff ausführten. US-Generalstabschef Myers sagt, die härtesten Kämpfe stünden noch bevor. Damit bezieht er sich auf die Einnahme der von irakischen Eliteeinheiten gesicherten Hauptstadt Bagdad. Offiziell wird von irakischer Seite bestätigt, dass bei Basra sechs Funktionäre der im Irak regierenden Baath-Partei getötet worden sind. Nach irakischen Angaben sollen allein am Sonntag mehr als 50 irakische Zivilisten getötet worden sein. Sieben US-Soldaten sind heutigen Medienberichten zufolge in irakischer Kriegsgefangenschaft. Alles in allem äußern sich sowohl Blair als auch Bush zufrieden mit dem bisherigen Kriegsverlauf. Bush will im Kongress knapp 75 Milliarden US-Dollar für den Krieg - inklusive Mitteln für humanitäre Zwecke - beantragen. [Quellen: Radio SWR 2, Südwestpresse.]

Weilheim an der Teck, 25.03.2003; Tübingen, 04.08.2003 - Peter Liehr

Vereinte Nationen: Noch in dieser Woche ist eine Aussprache in der UNO zum Irak-Krieg geplant. Auch soll eine Resolution verabschiedet werden, die die Lieferung von Hilfsgütern ermöglicht. [Quelle: ARD-Fernsehen, Tagesschau.]

Vereinte Nationen; Irak: Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF ist besorgt um die Lage der Kinder im Irak. Speziell in Basra, wo die Trinkwasserversorgung zusammengebrochen sei, sei die Lage prekär. Auch der deutsche Außenminister Joschka Fischer warnt vor einer humanitären Katastrophe und hebt die wichtige Rolle der Vereinten Nationen bei der Friedenssicherung hervor. "Einen Krieg kann man mit militärischen Mitteln gewinnen, aber nicht den Frieden." Fischer prangert die Menschenrechtssituation in mehreren Ländern an, darunter besonders auch Nordkorea. Auch in China sei die Situation noch nicht zufriedenstellend. Die Einrichtung des internationalen Strafgerichtshofs bezeichnet Fischer als Meilenstein und fordert die USA, ohne sie beim Namen zu nennen, zur Anerkennung des Gerichts auf.

Weilheim an der Teck, 25.03.2003 - Peter Liehr

Vereinte Nationen; Irak: Die UNESCO macht darauf aufmerksam, dass neben den Menschen auch das irakische Kulturerbe bedroht ist. Der Irak sei die Wiege der modernen Zivilisation und die dortigen Kulturgüter seien unbedingt erhaltenswert. So könnte z.B. der um 300 vor Christus erbaute Palast des Sassaniden Sapur in Ctesiphon südlich von Bagdad, der über das größte freitragende Ziegelgewölbe der Welt verfügt, auch ohne direkte Treffer, bereits durch Druckwellen, beschädigt werden. Nach Angaben von Michael Petzet vom Internationalen Rat für Denkmalpflege sind in Bagdad insbesondere die Altstadt, verschiedene heilige Stätten, die Universität, bestimmte Grabmäler und vieles mehr bedroht. Besonders gefährdet sind Kulturgüter auch nach dem Krieg - durch Plünderungen und Raubgrabungen. Schon nach dem letzten Krieg gegen den Irak ist durch Plünderungen insbesondere der irakischen Museen enormer Schaden entstanden. [Quellen: Radio SWR 2, Südwestpresse.]

Weilheim an der Teck, 25.03.2003; Tübingen, 04.08.2003 - Peter Liehr

Europäische Union; Irak: Der EU-Sondergesandte Javier Solana erklärt, die Europäische Union sei bereit, beim Wiederaufbau des Irak zu helfen. Die SPD-Politikerin Heidemarie Wicorek-Zeul ist der Auffassung, dass die USA und Großbritannien den größten finanziellen Anteil am Wiederaufbau des Irak tragen sollten. Wer zerstöre, solle auch wieder aufbauen, so Wicorek-Zeul. Indes bereiten sich deutsche Hilfsorganisationen unter dem Motto "Aktion Deutschland hilft" auf die größte Hilfsaktion seit Anfang ihres Bestehens vor.

USA; Irak: US-Präsident George W. Bush beantragt beim Kongress 75 Milliarden Dollar zur Finanzierung des Krieges. Dieser Betrag könnte nach Angaben von Radio SWR 2 etwa ein halbes Jahr lang reichen. Eigentlich plant Bush, längerfristig die Steuern zu senken, andererseits steigt das Haushaltsdefizit der USA und es ist fraglich, ob die Steuersenkugspläne realisierbar werden.

Qatar; USA: Al Jazeera, der wichtigste Nachrichtensender in der arabischen Welt, darf nicht mehr von der New Yorker Börse berichten. Es gebe zu viele Sender, die von der Börse berichteten, somit gebe man den Sendern den Vorrang, deren Schwerpunkt stärker auf Wirtschaftsberichterstattung liegt. Politische Gründe für diese Entscheidung gebe es nicht. Wie glaubhaft letztere Behauptung seitens der New Yorker Börse ist, weiß ich nicht, und man kann daran zweifeln, ist doch Al Jazeera der Sender, der hauptsächlich für die Weiterverbreitung von für die USA unliebsamen Fernsehbildern über gefangene, seitens des Irak medienwirksam zur Schau gestellte US-Soldaten verantwortlich ist. In den vergangenen Tagen wurde ausführlich darüber diskutiert, dass diese Bilder gegen die Genfer Konvention verstoßen. In wieweit die etwas zurückhaltender aufgenommenen Fernsehbilder von großen Mengen irakischer Kriegsgefangener der USA dieser Konvention entsprechen, weiß ich nicht. Es stellt sich die Frage: Wo ist die Grenze der Berichterstattung?

Hamburg, Deutschland: Am vergangenen Wochenende setzten Polizisten bei einer Antikriegsdemonstration in Hamburg, die hauptsächlich aus Schülerinnen und Schülern bestand, während der jedoch von einzelnen Demonstranten Flaschen und Steine gegen US-amerikanische Einrichtungen geschleudert wurden, Wasserwerfer und Schlagstöcke auch gegen 13- und 14-Jährige ein. Die Verantwortung für das harte Durchgreifen trägt offenbar der Hamburger Innensenator Ronald Schill, der heute heftige Kritik (er sei ein "Risiko für die innere Sicherheit") einstecken muss.

Deutschland: Zwei Männern aus Steinfurt werden unerlaubte Rüstungsgeschäfte mit dem Irak vorgeworfen. Sie müssen nach Angaben der Bielefelder Staatsanwaltschaft mit mindestens zwei Jahren Gefängnis rechnen, da sie mit dem Irak Handel mit Raketenteilen getrieben haben sollen.

Irak: Geschichtliche Hintergründe: In der Diskussionssendung "Forum" von Radio SWR 2 gibt es unter dem Titel "Der Staat am Reißbrett" eine interessante Expertendiskussion über die irakische Kolonialgeschichte.

Damaskus, Syrien; Irak: In der syrischen Hauptstadt Damaskus demonstrieren große Menschenmengen gegen den Krieg im Irak. Auch im Libanon und in Jordanien gibt es Demonstrationen. [Quelle: ARD-Fernsehen, Tagesschau.]

Paris, Frankreich: Auf der Pariser Buchmesse bestimmt der Irak-Krieg ebenfalls die Diskussionen.

Weilheim an der Teck, 25.03.2003 - Peter Liehr

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