Tübingen, Deutschland: Walter Jens sagt, er habe mit Schrecken verfolgt, wie Innenminister Schily behauptete, es sei derzeit nicht angebracht, irgendetwas gegen Amerika zu sagen. Gerade dies ist jedoch unter Freunden in einer solchen Situation angebracht: Den Freund vor Überreaktionen warnen. Jens wörtlich: "Nicht Nachbeterei ist das Gebot der Stunde, sondern kritische Solidarität." (Thema kritische Solidarität: Vgl. auch die Aufschriebe am 16.09.2001 und 06.11.2001)
Tübingen, 21.09.2001 und 06.11.2001 - Peter Liehr
Ich bin etwas enttäuscht von der fehlenden bzw. schwachen Wiedergabe der Inhalte von George W. Bushs Rede in den Morgennachrichten im Radio und hoffe, dies lag an den Medien, nicht an der Rede. Gestern hatte Bush behauptet, man wisse mittlerweile, wer die Attentäter gewesen seien, und er freue sich, sie am Abend zu nennen. In den Nachrichten war von einer exakten Benennung der Attentäter jedoch nicht die Rede. Weder der Südwestrundfunk noch BBC World Service berichteten Entsprechendes. Die Vorbereitung der Welt auf einen baldigen Angriff bestimmte das Thema. Die Schuld der Organisation von Osama bin Laden, bislang als hauptverdächtig im US-amerikanischen Augenmerk (und nicht nur dort), kann offenbar doch noch nicht hinreichend belegt werden, auch wenn Bush in seiner Rede von stichhaltigen Indizien spricht: "The evidence we have gathered all points to a collection of loosely affiliated terrorist organizations known as al Qaeda. [...] This group and its leader - a person named Osama bin Laden - are linked to many other organizations in different countries, [...]" Weitere Schritte in Richtung des Beweises einer möglichen Schuld bin Ladens ergeben sich erst wieder am 02.10.2001.
Tübingen, 21.09.2001 und 02.10.2001 - Peter Liehr
An dieser Stelle der fortgeschritten kritischen Auseinandersetzung mit den Folgen der Attentate von New York und Washington ist es mir wichtig, noch einmal inne zu halten, auf die Attentate selbst zurück zu blicken und zu wiederholen: Ich selbst bin von den Anschlägen nicht direkt in Mitleidenschaft gezogen worden und daher auf keinen Fall in der Lage, das Leid und die Gefühle von Überlebenden und Betroffenen authentisch mitzufühlen. Dennoch: Ich bin zutiest schockiert über die Anzahl der Opfer und trauere mit ihren Angehörigen und Freunden.
Tübingen, 21.09.2001 - Peter Liehr