Im scharfen Gegensatz zu einigen Verlautbarungen in der amerikanischen Presse unmittelbar nach den Anschlägen (insbesondere die Leitkommentare der Washington Times sind hier zu nennen), plädiere ich für Augenmaß und Abwägung bei den Reaktionen auf die Anschläge vom 11.09.2001. Es handelt sich meiner Meinung nach noch nicht um einen Krieg, sondern gerade noch um einen Terroranschlag, wenn er auch die Ausmaße eines Krieges angenommen hat. Die derzeit geplanten Reaktionen können jedoch allzu leicht zu einem möglicherweise langen Krieg führen. Können wir das für gut heißen - und wenn ja, dann in welcher Form, in welchem Ausmaß? "Uneingeschränkte Solidarität mit Amerika"? (Bundeskanzler Gerhard Schröder) Oder lieber doch eine von tiefem Mitgefühl und Verständnis geprägte, wenn auch kritische Solidarität? Ich kann die Forderung des Bundeskanzlers nach uneingeschränkter Solidarität durchaus verstehen - jedoch vorwiegend als emotionale Reaktion angesichts des Horrors. In der praktischen Umsetzung kann ich mich jedoch nicht dafür ausprechen.
Tübingen, 16.09.2001 - Peter Liehr
(Thema kritische Solidarität: Vgl. auch die Aufschriebe am 21.09.2001 und 06.11.2001)
Tübingen, 16.09.2001, 21.09.2001 und 06.11.2001 - Peter Liehr
Mir geht in diesen Tagen wiederholt das Zitat von Jeannette Rankin (11.06.1880-18.05.1973) durch den Kopf: "Einen Krieg kann man ebenso wenig gewinnen wie ein Erdbeben." Daraus leite bitte niemand eine strikte Gegnerschaft bzgl. militärischer Aktionen bei mir ab. Appellieren möchte ich aber an die Verantwortlichen in Washington, Berlin, London, Paris und anderswo, jetzt auf Besonnenheit noch weitaus höheren Wert zu legen als sonst.
Tübingen, 16.09.2001 - Peter Liehr
Ein Vorverweis auf "Eine Art Gebrauchsanweisung" zu diesen Zeilen erscheint mir an dieser Stelle besonders wichtig.
Tübingen, 10.10.2001 - Peter Liehr
Unmittelbar nach den Anschlägen vom 11.09.2001 beginnen viele, ihrem Entsetzen auf verschiedenste Weise Ausdruck zu verleihen. Aufrufe über Ketten-E-Mails, neu eingerichtete Internet-Seiten (wie diese Teilseiten auch) und zahlreiche weitere Trauer- und Solidaritätsbekundungen sind an der Tagesordnung. Hier, nachträglich eingeordnet, meine Antwort auf einen weitergeleiteten Aufruf, als Zeichen der Solidarität mit den Opfern von New York und Washington abends Kerzen in die Fenster zu stellen:
From: <peter@peter-liehr.de> To: X Sent: Sunday, September 16, 2001 4:45 PM Subject: Terror in den USA / [...] Hallo X! 1. Terror in den USA Danke für das weitergeleitete Mail. Der Gedanke an Kerzen in Fenstern, Lichterketten und ähnliche Formen stillen, solidarischen Mit-Trauerns ist gut, kein Zweifel. Solche Gedenk-Momente müssen aber konsequenterweise auch dann ohne Zögern umgesetzt werden, wenn sich große Katastrophen mit zahlreichen Menschenopfern in Regionen außerhalb der sog. "entwickelten Welt" zutragen, seien dies Naturkatastrophen, (Bürger-) Kriege oder eben Terroranschläge. Nur wenn wir auch in solchen Fällen Flagge zeigen, fundieren und wahren wir unsere Glaubwürdigkeit in der Gemeinschaft aller Staaten der Welt und in ihrer Bevölkerung, andernfalls wirken wir unwillkürlich auf viele Länder als elitistisches, selbstverliebtes Mitglied der reichsten Industrienationen. Selbstverständlich gehört dazu auch eine glaubwürdige Konfliktvermittlungs- und Entwicklungshilfe-Politik. [...]
Tübingen, 03.03.2003 - Peter Liehr