Militäreinsatz und Vertrauensfrage
Deutschland: Morgen will die Regierungskoalition ein Zehn-Punkte-Papier vorlegen. Vorveröffentlichungen der darin zu erwartenden Thesen in heutigen Zeitungsmeldungen legen nahe, dass das Dokument wohl als ein der inneren Geschlossenheit der Regierungsfraktion dienendes "Konsenspapier" abgefasst wurde und infolgedessen allgemein und parteiübergreifend Akzeptanz finden dürfte. Zusammengefasst sollen folgende Punkte enthalten sein:
- Die Täter vom 11.09.2001 sollen zur Rechenschaft gezogen und weitere Anschläge verhindert werden.
- Neben militärischen müssen auch politische, wirtschaftliche und humanitäre Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus eingesetzt werden. Er ist mit militärischen Mitteln alleine nicht zu gewinnen.
- Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit bei militärischer Terrorbekämpfung muss Beachtung finden. Opfer unter der Zivilbevölkerung sind zu vermeiden.
- Der Bundestag begrüßt, dass die Bundesregierung sich verpflichtet, ihn und die zuständigen Ausschüsse ausführlich und fortwährend über ihre Beiträge in der Terrorismusbekämpfung zu unterrichten.
- Zusätzliche Hilfe für Afghanistan soll bereitgestellt werden.
- Der Bundestag unterstützt den Einsatz der Europäischen Union und der USA für eine politische Zukunft Afghanistans, wobei im Rahmen einer solchen Initiative mit allen politischen und ethnischen Gruppen im Land und im Exil nach einer Lösung gesucht werden soll. Dieser Prozess soll in einer Übergangsphase von der UNO abgesichert werden.
- Lange schwelende regionale Konflikte müssen gelöst werden. Nur so kann dem internationalen Terrorismus der Nährboden entzogen werden. Die deutsche Regierung soll sich dabei noch stärker als bisher für Krisenbewältigung und Konfliktvorbeugung einsetzen.
- Nur eine konsequente Konfliktberatung und Krisenprävention kann den neuen Formen der Bedrohung durch internationalen Terrorismus wirksam entgegenwirken. Dazu muss insbesondere ein Ausgleich zwischen Arm und Reich in den Mittelpunkt internationaler und globaler Friedenspolitik gestellt werden.
- Der Dialog zwischen Kulturen und Religionen ist Voraussetzung für das Zusammenleben in multikulturellen Gesellschaften.
- Der Bundestag begrüßt die Rolle der Vereinten Nationen als Dach für alle Friedensbemühungen in Afghanistan.
Einige dieser Punkte sind sehr allgemein gehalten, aber alle sind wichtig, wobei man freilich über Rolle und Bedeutung der UNO unterschiedlicher Meinung sein kann. Das Hauptziel des Dokuments dürfte es zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch sein, die Abgeordneten der Regierungsfraktion "auf Linie" zu bringen.
Tübingen, 15.11.2001 - Peter Liehr