Großbritannien nach dem Irak-Krieg: Der Vorwurf um aufgebauschte Geheimdienstdokumente und der Selbstmord von David Kelly

Großbritannien: Die britische Regierung steht in Folge der falschen Geheimdienstdokumente über die angeblichen Versuche des Irak, in Afrika atomwaffenfähiges Uran zu beschaffen, sowohl innenpolitisch als auch von Seiten der USA unter Druck. Der heutige Selbstmord des Regierungsberaters und Biowaffenexperten David Kelly führt zu einer Verschärfung der kritischen Lage und führt die britische Regierung in ihre bislang schwerste Krise. Der eher öffentlichkeits- und medienscheue Kelly, ehemals Mitglied der UN-Waffeninspektoren, war dem Druck, der unter anderem auch in besonders starker Weise auch von der BBC ausging, offenbar nicht gewachsen. Auf ihm lastete der Vorwurf, der BBC in einem Interview Geheimdienstinformationen verraten zu haben. Er habe behauptet, Premierminister Tony Blair habe zur Legitimierung des Krieges im Irak Geheimdienstdokumente aufgebauscht. Kelly hatte nach eigenen Angaben ein Interview mit der BBC geführt, bestritt aber bei außergewöhnlich harten, verhörartigen Befragungen durch einen Untersuchungsausschuss seiner Partei am vergangenen Dienstag die oben genannten Vorwürfe. Er ist durch einen Schnitt am linken Handgelenk verblutet, bei ihm wird ein Messer und eine geöffnete Packung Schmerztabletten gefunden. Der auf seiner Fernostreise gerade in Japan weilende Premierminister Blair, der auf Kellys Selbsmord bestürzt reagiert und auf anstehende Untersuchungen verweist, wird in den folgenden Tagen offen zum Rücktritt aufgefordert werden, die britische Presse spricht von Betrug am Volk und Korruption und spekuliert darüber, ob Blair "jetzt Blut an den Händen" habe.

Tübingen, 19.07.2003 und 20.07.2003 - Peter Liehr