Mazedonien: Präsidentschaftswahlen, nachdem der bisherige Präsident vor sieben Wochen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.
Tübingen, 14.04.2004 - Peter Liehr
Südafrika: Präsidentschaftswahlen. Im Laufe des morgigen Tages wird sich erwartungsgemäß ein deutlicher Wahlsieg für den Afrikanischen Nationalkongress (ANC) abzeichnen. Präsident Mbeki wird eine zweite Amtszeit bekommen.
Tübingen, 14.04.2004, 15.04.2004 - Peter Liehr
Myanmar / Birma / Burma; Welt: 14 Literaturnobelpreisträger fordern in einem gemeinsamen Appell die birmanesischen Militärmachthaber auf, den Arrest aufzuheben, den sie im Mai 2003 der Friedensnobelpreisträgerin Sang Sou Chi auferlegt haben. Unter den Unterzeichnern ist der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass.
Afghanistan; Deutschland: "So ist Afghanistan" - Einem von zahlreichen deutschsprachigen Rundfunkanstalten in Auftrag gegebenen Radio-Feature mit diesem Titel von Friedrich Schütze-Quest, das heute auf Radio SWR 2 gesendet wird, entnehme ich im Folgenden einige Aussagen und kommentiere Teile davon zusätzlich.
Jedes vierte Kind in Afghanistan erreicht das Alter von fünf Jahren nicht. Schlimm wirkt sich für Kinder neben der Gefahr durch Minen, der unzureichenden gesundheitlichen Versorgung und der Lebensmittelknappheit auch der Aberglaube unter einigen Hebammen aus. So wird in manchen Fällen empfohlen, Neugeborene zum Test in einen Kübel voll Schmutz zu legen. Wenn sich dann Tetanus entwickelt, gilt das Kind als von einem Dämonen befallen - was seitens der örtlichen Mullahs einen lebhaften Handel mit Amuletten nach sich zieht.
Nur bis etwa 15 Kilometer um Kabul kann afghanisches Fernsehen empfangen, wer Strom hat. Zeitungen gibt es gar keine in Afghanistan, im ländlichen Großteil des Landes auch kein Telefon. Mittlerweile gibt es so viele Hilfsorganisationen in Afghanistan, dass sie sich gegenseitig auf den Füßen stehen. Die meisten Hilfsgelder bleiben zunächst in den Reihen der Hilfsorganisationen, deren Mitarbeiter Gehälter beziehen, die hundertmal höher sind als die ihrer afghanischen Angestellten. Der von der US-Regierung verbreitete Eindruck, es gehe voran mit dem Wiederaufbau in Afghanistan, beruht vermutlich auf mangelnder Informiertheit, wenn nicht gar auf dem Unwillen, sich genauer zu informieren. Die Fortschritte sind, wenngleich vorhanden, so doch minimal, jedenfalls schwer einzuschätzen.
Die neue afghanische Regierung verfügt über nicht mehr als 6 000 Soldaten. Privatarmeen lokal einflussreicher Personen sind weitaus größer. Anders als die deutschen Bundeswehrsoldaten halten die US-Truppen im Land keinen Kontakt zu den Menschen, was in der Bevölkerung nicht gut ankommt. Der Grund für die Vorsicht der US-Soldaten, die ausschließlich mit kugelsicheren Westen auf Patrouille gehen, liegt nicht zuletzt darin, dass die Rollen der beiden Armeen grundverschieden sind. Während die US-Amerikaner Krieg gegen versprengte Taliban-Anhänger führen, leistet die Bundeswehr Wiederaufbauhilfe. Die Vorstellung, solcherlei Missionen seien binnen Monatsfrist zu beenden, stößt in Afghanistan auf ein geteiltes Echo. Die Soldaten aus dem Westen würden noch zehn Jahre in Afghanistan gebraucht, nicht nur ein paar Monate, meint einer der Interviewpartner Schütze-Quests.
Besondere Kopfschmerzen kann einem das Drogenproblem in Afghanistan machen: Ein einfacher Bauer kann mit dem Anbau von Weizen 700 US-Dollar pro Jahr verdienen, mit dem Anbau von Opium hingegen 14 000 US-Dollar. Eine Überlegung, den Opiumanbau zu reduzieren, zielt darauf, religiös zu argumentieren. Der Anbau von Opium sei unislamisch. Meiner Meinung stellt sich dabei jedoch die Frage, inwiefern hier Religion instrumentalisiert und damit zumindest teilweise auch missbraucht wird. Die Taliban (die zwar von der Bildfläche verschwunden sind, deren Denken jedoch noch in zahlreichen Köpfen verankert ist) benutzten die Religion nämlich ebenfalls in der Argumentation um den Opiumanbau, jedoch unter genau umgekehrtem Vorzeichen: Der Anbau sei zu fördern, weil damit der "Erzfeind", der "ungläubige" Westen zu schwächen sei. Das ist sicherlich, was das "erwünschte" Ergebnis angeht, nicht vollständig falsch. Dass durch ihre Politik jedoch auch große Teile der eigenen Bevölkerung opiumabhängig wurden, unterschlugen die Taliban geflissentlich. Insgesamt halte ich es für fraglich, ob bei einem so konkurrenzlos einträglichen Produkt wie Opium mit Argumenten, die durch vergangene Instrumentalisierung ohnehin bereits "ausgelaugt" sein dürften, noch irgendetwas ausgerichtet werden kann.
Irak: In Falludja bricht nach einer Detonation ein Großbrand aus. Es wird vermutet, dass ein US-Flugzeug eine Rakete abgefeuert hat. Die Stadt Nadjaf ist weiterhin von US-Truppen eingekesselt. Als Sadr ist jetzt bereit, bedingungslos mit den USA zu verhandeln.
USA; Israel-Palästina-Konflikt: Israels Ministerpräsident Ariel Scharon verkündet während seines USA-Besuchs - mit der Unterstützung von US-Präsident George W. Bush - Israel werde sich vollständig aus den Gaza-Streifen zurückziehen, wichtige Siedlungen im Westjordanland jedoch für immer behalten. George W. Bush unterstützt die Entwicklungs- und Siedlungspolitik der israelischen Regierung. Er bezeichnet den von Ariel Scharon angekündigten Abzug aus dem Gaza-Streifen als mutigen und historischen Schritt. Es sei unrealistisch, so Bush, dass Israel sich aus allen besetzten Gebieten zurückziehen solle. Auf palästinensischer Seite wird das Vorhaben Israels, Siedlungen im Westjordanland zu behalten, als Todesstoß für den Friedensprozess bezeichnet und moniert, Bush habe kein Recht, im Namen der Palästinenser zu verhandeln.
Tübingen, 14.04.2004 - Peter Liehr