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Geschichte, Zeitgeschichte, Politik und Kultur chronologisch

Gedanken und Notizen zum Freitag, 12.10.2001

Afghanistan: Fortführung der Angriffe gegen die Taliban und Al Quaida.

Ich bin bereits am 08.10.2001 darauf eingegangen, dass ich bei aller Kritik, die ich hier äußere, dem Antiamerikanismus nicht das Wort reden möchte. Wogegen ich mich jedoch wenden möchte, und zwar gerade auch mit dem Zweck der Vorbeugung von Antiamerikanismus, das ist die polarisierende Ausschließlichkeit von Bushs Forderung, entweder man sei nun uneingeschränkt Freund oder Feind der USA. Polarisierung ist sicherlich auch eines der Ziele der Attentäter gewesen, die am Anfang standen, und es ist fraglich, ob man es sie so schnell erreichen lassen sollte. Klar: Die Aussage der US-Regierung, dieser Krieg richte sich eindeutig weder gegen die afghanische Zivilbevölkerung, noch sei er ein Glaubenskampf der "westlichen" gegen die "islamische" Welt, kann als gut gemeinter Versuch gewertet werden, den Konflikt in den Köpfen einzugrenzen. Sie ist somit ein positiver Kontrast zur eingeforderten klaren "Freund-Feind-Kennung". Dennoch: Sie ist eine Aussage. Das andere ist eine Forderung, die recht schnell Handlungskonsequenzen nach sich ziehen dürfte bzw. diese schon nach sich zieht. Und die wiederum "riechen" viel zu stark nach einer Wiederholung vergangener Fehler. Allianzen wie die mit der "Nordallianz" werden wieder sehr unkritisch geformt, zugegeben, oft deswegen, weil sich auf die Schnelle keine strategisch gangbaren Alternativen zu ihnen finden lassen.

Die USA werden sich meiner Auffassung nach sehr genau daran messen lassen müssen, wie sie mit ihren "neuen Verbündeten" nach Ende des Kampfes umgehen werden. Werden sie sie - militärisch hochgerüstet - "links liegen" und als "nicht mehr gebraucht" sich selbst überlassen, wie bisher schon zu oft geschehen - und wie man sieht, zum Leid der USA selbst? Oder werden US-Regierung und -Gesellschaft sich einem zivilen Austausch mit ihnen öffnen? Werden die USA es schaffen, sie in ihrem (arabischen) "Way of Life" (durchaus auch in kritischer Verbundenheit) ernst zu nehmen, auch jenseits von Erwägungen über Bodenschätze, Ölvorkommen und strategische Vorteile? Zu einer solchen Grundhaltung finde ich auch bei intensivem Nachdenken kaum Alternativen. Ich denke, nur so könnten sich die Umrisse einer konsequenten Friedenssicherung langsam abzeichnen.

Tübingen, 12.10.2001 - Peter Liehr

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