USA: Erstes großes Wahlkampf-Fernsehrededuell zwischen dem amtierenden Präsidenten George W. Bush (Republikaner) und seinem Herausforderer John Kerry (Demokraten).
Tübingen-Bühl, 29.09.2004 - Peter Liehr
Ich verfolge die Konfrontation in der Nacht auf morgen live im Fernsehen (das erste Viertel davon verpasse ich jedoch). Kerry kritisiert an Bush, dass er die Weltgemeinschaft in unzureichendem Maße in seine Außen- und Sicherheitspolitik einbinde. Bush erwidert dies mit der Aufzählung der Mitglieder der Koalition der Willigen, die sich an der Seite der USA am Krieg im Irak beteiligten und wirft Kerry vor, diese Staaten zu vergessen bzw. zu unterschlagen. Kerry hingegen ist bemüht, das Verhältnis zwischen Willigen und Ablehnenden Staaten zurecht zu rücken.
Bush bezeichnet es im Zusammenhang mit seiner Ablehnung des Internationalen Gerichtshof als Selbstverständlichkeit, dass er nichts unterschreiben würde, was den USA und ihren Interessen schaden würde. Für ihn ist es prinzipiell unvorstellbar, dass US-amerikanisches Militär vor ein nicht den USA unterstellten Gericht gestellt würden.
Kerry hingegen spricht sich für starke internationale Bündnisse und für Wiederherstellung und Erhalt der Glaubwürdigkeit der USA in der Weltgemeinschaft aus. Er betont, es sei ihm wichtig, dass die USA in die internationale Staatengemeinschaft eingebunden sind. Bush bekräftigt dagegen, unter ihm werde man Amerika niemals in die Hände fremder Führung geben - eine Haltung, die von einer rundweg anderen Sicht und Gewichtung internationaler Politik und Diplomatie bei Bush zeugt als bei Kerry.
Einer der Hauptkritikpunkte Bushs an Kerry: Man könne nicht führen, wenn man widersprüchliche Signale aussende. Kerry seinerseits kritisiert, Bush selbst sende uneinheitliche Signale aus, indem er z.B. die Bedrohung durch das nordkoreanische nukleare Rüstungsprogramm weitaus geringer gewichte, als er die Bedrohung durch den Irak unter Saddam Hussein gewichtet habe. Außerdem: Nicht Saddam Hussein habe die USA angegriffen, sondern Osama Bin Laden - der Krieg im Irak lenkt in den Augen Kerrys vom wirklichen Konflikt, dem Kampf gegen den Terror, ab. Bushs Herausforderer betrachtet denn auch hinsichtlich der Vermeidung künftiger kriegerischer Konflikte die drohende nukleare Proliferation als seine größte Sorge. Bush stimmt ihm zu. Es sei äußerst wichtig, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Während Kerry auch die Weiterentwicklung des eigenen nuklearen Waffenarsenals der USA ablehnt, spricht sich Bush genau dafür aus.
Wie ich im Nachhinein erfahre, betont Bush bereits in seinem ersten Redebeitrag, Saddam Hussein sei in Gefangenschaft und die Welt damit sicherer geworden.
Insgesamt wirkt, wenngleich es durchaus starke gegenseitige Kritik der Redner aneinander und an ihren jeweiligen Ansichten gibt, die Fernseh-Konfrontation eher wenig konfrontativ, es werden vorwiegend die jeweils eigenen Standpunkte in klarer Abgrenzung gegen die jeweils anderen vor- und als überlegen bzw. zu bevorzugen dargestellt. Von einem wirklich klaren Gewinner bzw. Verlierer des Rededuells (dieser Begriff wirkt unpassend, da - gemäß der genauestens festgelegten Vorgaben - keiner der beiden laut wird und sein Gegenüber auch nicht direkt, sondern nur in der dritten Person anspricht) kann kaum die Rede sein. Den Wählerinnen und Wählern kann die Veranstaltung jedoch durchaus als Entscheidungshilfe dienen. Man bekam relativ klar gesagt, welche politische Stoßrichtung, welche weltanschauliche Ausrichtung der Politik man ungefähr zu erwarten hat, wenn man wen wählt.
Tübingen-Bühl, 01.10.2004 - Peter Liehr
Kerry beschließt seine Aussagen mit dem Plädoyer dafür, zurückzufinden zu einer Gesellschaft, in der Freiheit wichtiger ist als Angst.
Tübingen-Bühl, 14.10.2004 - Peter Liehr
Presseberichten vom 04.10.2004 zufolge hat sich das Rededuell positiv für Kerry ausgewirkt, da er in Meinungsumfragen in den nächsten Tagen erstmals seit längerem wieder knapp vor Bush liegen wird.
Tübingen-Bühl, 04.10.2004 - Peter Liehr
Bundesstaat Washington, USA: Meteorologen warnen vor einem anstehenden Ausbruch des Vulkans Mount St. Helens. Mehrere Erdbeben in der Region deuten darauf hin. Die Warnungen werden kommenden Sonntag wiederholt werden. [Vgl. 18.05.1980, 1984, 1986, 1989, 1991.]
Tübingen-Bühl, 30.09.2004 und 03.10.2004 - Peter Liehr
USA: Deutsche Staatsbürger sowie Reisende aus den meisten anderen Ländern der Welt müssen ab heute bei der Einreise in die USA Fingerabdrücke abgeben und sich fotografieren lassen.
Tübingen-Bühl, 30.09.2004 - Peter Liehr
Vereinte Nationen; Afrika: Die UNO weist auf den Schuldenberg der armen Länder Afrikas hin und fordert einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder.
Aus Südostasien wird der 21. schwere Tropensturm in dieser Saison gemeldet - ein Rekord.
Deutschland: Der deutsche Innenminister Schily bekräftigt seinen Vorschlag, in Nordafrika Flüchtlingslager (bzw. Flüchtlingszentren) einzurichten, um die Einreise von Bootsflüchtlingen in die EU zu verhindern bzw. zu regeln, die lebensgefährliche Fluchtmethode, basierend auf meist wenig seetüchtigen Gefährten, zu unterbinden und Schleuserbanden das Handwerk zu legen. Voraussetzung für die Lager sei, dass in den Ländern, in denen sie eingerichtet werden sollen, die Genfer Flüchtlingskonventionen anerkannt würden. Asylanträge könnten ggf. direkt vor Ort von Beamten der EU bearbeitet werden. Die skandinavischen Staaten sprechen sich gegen die Lager aus, auch die französische Regierung äußert sich skeptisch. Die Lager wären voraussichtlich nicht mit der französischen Verfassung vereinbar. Von Großbritannien und Italien hingegen wird Schilys Vorschlag unterstützt.
Baden-Württemberg, Deutschland: Heute vor 25 Jahren wurden die baden-württembergischen Grünen gegründet.
Irak: Bei mehreren Bombenanschlägen in Bagdad kommen 37 Menschen, darunter mehrere US-Soldaten, ums Leben, über 50 weitere Menschen werden verletzt. Am späten Abend wird von insgesamt über 50 Toten durch Anschläge in Bagdad berichtet.
Moskau, Russland: Die russische Regierung unter Vladimir Putin stimmt dem Beitritt Russlands zum Klimaschutzprotokoll von Kyoto zu. Damit kann es - vorausgesetzt, auch die Duma willigt ein - in Kraft treten, selbst wenn die USA unter Präsident George W. Bush den Beitritt ablehnen.
Tübingen-Bühl, 30.09.2004 - Peter Liehr